DEMOKRATIE GMBH: EIN GEDANKENEXPERIMENT ZUR AKTUELLEN LAGE
Stell dir vor, Demokratie wäre ein Unternehmen. Eine GmbH. Gegründet mit dem Kapital der Aufklärung, geführt auf der Basis des Grundgesetzes, mit einem Leitbild, das da lautet:

Foto von Josepha & Markus
Freiheit, Gleichheit, Beteiligung.
Dann stellen sich sofort ein paar drängende Fragen:
- Wie steht es um das Vertrauen in die Marke?
- Wie innovativ ist das Angebot?
- Haben die Mitarbeitenden echtes Mitspracherecht
– oder bloß Rückmeldeformulare? - Und wie sieht’s mit der Unternehmenskultur aus?
Die ehrliche Antwort?
Die Demokratie GmbH braucht eine Generalüberholung. Dringend.
Die Bilanz? Durchwachsen.
Laut dem Edelman Vertrauensbarometer 2025 ist das Vertrauen in staatliche Institutionen in vielen Ländern auf dem Tiefpunkt.
Gleichzeitig wächst bei den Jüngeren die Sehnsucht nach Einfluss – aber nicht im Parlament, sondern auf digitalen Plattformen, in Netzwerken, im Alltag.
Würde man so ein Unternehmen einfach weiterlaufen lassen?
Wohl kaum.
Warum Demokratie die wichtigste Zukunftstechnologie ist – auch für die Wirtschaft.
Wir sprechen sehr viel über künstliche Intelligenz, Automatisierung und nun auch immer öfter über Quantentechnologie.
Aber oft übersehen wir:
Die wahre Zukunftskraft einer Gesellschaft ist ihre Fähigkeit zur Mitgestaltung.
Was wäre, wenn wir Demokratie nicht als Verwaltungsstruktur, sondern als lebendige Plattform begreifen?
- Eine Plattform mit offener Schnittstelle, mit Mitmachregeln statt Dienstanweisungen.
- Mit echter Teilhabe – nicht bloß Meinungsäußerung. Demokratie braucht kein Retro-Image. Sie braucht ein Team, das Haltung in Handlung übersetzt.
Die GmbH braucht ein mutiges Update
Die gute Nachricht: Es tut sich etwas.
1. Bürgerbeteiligung wird digital
Initiativen wie Decidim, Polis oder VTaiwan zeigen:
Mit technischer Infrastruktur kann Mitbestimmung auf Gemeinde-, Landes- und sogar Weltebene funktionieren.
2. Künstliche Intelligenz kann demokratisch sein
Wenn wir sie richtig einsetzen – mit klaren Regeln, offenen Prozessen und unabhängigen Prüfverfahren – wird sie nicht zur Gefahr, sondern zur Hilfe.
3. Junge Menschen bringen neue Formate
Nicht „politikverdrossen“, sondern institutionskritisch. Nicht abwartend, sondern tatkräftig. Sie fordern neue Beteiligungswege – und sie schaffen sie selbst.
4. Unternehmen denken um
Immer mehr erkennen: Demokratie beginnt im Team. In der Art, wie Entscheidungen getroffen, Räume gestaltet und Stimmen gehört werden.
Was Unternehmen jetzt tun können
Wenn du Verantwortung trägst – als Unternehmer:in, als Gestalter:in, als Kulturentwickler:in – frag dich:
- Wie offen ist unsere Struktur für neue Ideen?
- Haben wir ein echtes Mitspracherecht – oder nur Pseudo-Feedbackrunden?
- Wie transparent sind unsere Entscheidungsprozesse wirklich ?
Denn:
Unternehmen sind keine politischen Niemandsländer.
Sie sind Orte, an denen Gesellschaft aktiv gestaltet wird.
Demokratie ist wirtschaftlich äußerst relevant
Früher war Teilhabe oft eine nette Geste.
Heute ist sie eine strategische Notwendigkeit.
Wer Vertrauen will, muss Mitsprache ermöglichen.
Wer Zukunft gestalten will, muss Verantwortung teilen.
Demokratie ist kein Zusatz – sie ist das Fundament für nachhaltige Entwicklung.
Beteiligung ist kein Luxus – sie ist Voraussetzung für Wandel.
Was wäre also, wenn Demokratie eine GmbH wäre?
- Sie würde eher heute als morgen eine Krisensitzung einberufen.
- Sie würde zuhören – wirklich.
- Sie würde sich neu ausrichten, neu erfinden, neu verbinden.
- Und vielleicht – ganz vielleicht – würde sie dich fragen, ob du dabei sein willst.
#1 Mitspracherecht strukturieren – nicht nur ermöglichen
Beteiligung beginnt nicht bei offenen Türen, sondern bei klaren Abläufen:
– Wer darf wann mitentscheiden?
– Wie werden Ideen gesammelt, gewichtet, umgesetzt?
→ Entwickle Entscheidungsmodelle, bei denen Beteiligung verbindlich und wirkungsvoll ist.
#2 Entscheidungen sichtbar machen
Veröffentliche regelmäßig, wie und warum Entscheidungen getroffen wurden – sei es auf Ebene der Geschäftsführung oder im Projektteam.
→ Transparenz ist kein Selbstzweck, sondern Grundlage für Vertrauen.
#3 Widerspruch erwünscht? Zeig’s auch!
Richte geschützte Räume ein, in denen auch unbequeme Fragen gestellt werden können – ohne Sanktionen, aber mit Wirkung.
→ Demokratie lebt vom Gegenüber, nicht vom Gleichklang.
#4 Beteiligungswerkzeuge einführen
Nutze digitale oder analoge Werkzeuge, um Meinungen, Ideen und Bedürfnisse systematisch zu erfassen – jenseits des klassischen Stimmzettels.
→ Ob Pinnwand im Flur oder digitale Umfrage: Wer fragt, muss zuhören.
#5 Führung anders denken – als Beteiligungsmoderation
Sorge dafür, dass Führungskräfte Beteiligung nicht als Kontrollverlust empfinden, sondern als Teil ihres Rollenverständnisses.
→ Wer führt, begleitet Gespräche, nicht nur Prozesse.
#6 Zeit für Mitgestaltung freihalten
Beteiligung braucht Zeit. Schaffe Räume im Alltag, in denen Menschen mitdenken, mitbauen, mitgestalten können.
→ Beteiligung, die zwischen Tür und Angel geschieht, bleibt folgenlos.
#7 Gemeinsam Werte und Leitlinien entwickeln
Lass dein Team mitbestimmen, wofür eure Organisation stehen soll – inhaltlich, kulturell, gesellschaftlich.
→ Identifikation entsteht nicht durch Aushänge, sondern durch Mitsprache.
#8 Unterschiedliche Perspektiven aktiv einholen
Demokratie bedeutet nicht: „Alle gleich.“ Sondern: Alle gehören dazu.
→ Gestalte Beteiligung so, dass auch leise Stimmen, neue Stimmen und skeptische Stimmen Platz finden.
#9 Fehler zulassen – und daraus lernen
Demokratische Prozesse sind nicht perfekt. Wichtig ist, daraus klugere nächste Schritte zu machen.
→ Veröffentliche auch, was nicht funktioniert hat – das stärkt Glaubwürdigkeit.
#10 Beteiligung nicht als Projekt denken – sondern als Kultur
Mach Mitgestaltung zum festen Bestandteil eures Selbstverständnisses. Nicht als Kampagne, sondern als Haltung.
→ Demokratie ist nicht die Ausnahme. Sie ist das Prinzip.
Inhalt
AUTOR:
Anna und Michael Ulmer / Querfeld.Design